Die Fischerei beschäftigt weltweit schätzungsweise 27 Millionen Menschen. Diese Arbeiter, meist aus Entwicklungsländern, akzeptieren harte Arbeitsbedingungen für Mindestlöhne. Migranten wird oft sogar der Mindestlohn vorenthalten und sie sind physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt.
Im Jahr 2016 enthüllte die internationale Nachrichtenagentur Associated Press das Ausmaß moderner Sklaverei und Menschenrechtsverletzungen auf See. Eine 18-monatige Untersuchung führte zur Freilassung von 2.000 „Sklaven“ in Südostasien, von denen einige in Käfigen gehalten und routinemäßig gefoltert wurden.
Seitdem haben sich Regierungsbehörden, Wirtschafts- und Nichtregierungsorganisationen weltweit zusammengeschlossen, um die Kriminalität in diesem Bereich einzudämmen. Moderne Technologien spielen heute eine zentrale Rolle bei der Identifizierung von Gesetzesbrechern.
GPS-Positionierung und Transceiver an Bord
Die gemeinnützige Organisation SkyTruth unterstützte die Untersuchung der Associated Press zum Thema „Sklaverei auf See“. Ihre Technologie basiert auf dem Automatic Identification System (AIS), einem Überwachungssystem, das auf allen Passagierschiffen über 300 Tonnen und Frachtschiffen über 500 Tonnen im internationalen Verkehr installiert ist.
Heute senden über 200.000 Schiffe regelmäßig ihren Standort über Transponder – Funksignale. 2016 startete SkyTruth die Plattform Global Fishing Watch – eine Website, die Transpondersignale verfolgt und so die weltweit erste globale kommerzielle Fischereikarte erstellt. Global Fishing Watch ist kostenlos und für jedermann zugänglich.
Die Plattform analysiert AIS-Informationen – im Wesentlichen GPS-Daten zum Standort eines Schiffes. Nutzer können herausfinden, wie und wohin sich ein Schiff bewegt, wie lange es bereits auf See ist und ob es Daten über sich selbst überträgt – also ob es ein transparentes Bindeglied in der Fischereiindustrie ist. Liegen keine Daten vor oder tauchen verdächtige Daten auf, lösen Beobachter Mechanismen zur Überprüfung des Schiffes aus.
Satellitenüberwachung und künstliche Intelligenz
Schon bevor Satellitensysteme allgemein verfügbar waren, verfolgte die Menschenhandelsaktivistin und Beobachterin Valerie Farabee Gerichtsverfahren anhand öffentlich zugänglicher Quellen und NGO- Berichte. Regelmäßig durchsuchte sie südostasiatische Nachrichtenagenturen nach Berichten über Menschenrechtsverletzungen auf See. „Ich suchte nach Booten, die zu lange im Einsatz waren und in der Nähe von Schutzgebieten oder Gebieten fischten, in denen sie sich nicht aufhalten sollten“, sagte Valerie Farabee.
Valerie Farabee sieht diese Merkmale häufig auf Schiffen, denen Zwangsarbeit und illegale Fischerei vorgeworfen werden. Die Arbeiter sind dort oft schutzlos und verzweifelt auf der Suche nach Arbeit, um ihre Familien zu ernähren.
Auch Gavin McDonald, ein Datenwissenschaftler an der University of California, untersuchte damals das verdächtige Verhalten solcher Fischereifahrzeuge. Ihm fiel auf, dass Fischereifahrzeuge in abgelegenen Gebieten verdächtig hohe Summen einbrachten.
„Angesichts der Art der Fische, die sie fangen, der Gehälter ihrer Besatzungen und der Betriebskosten können sie unmöglich einen so hohen Umsatz erzielen“, sagt Gavin McDonald. Er vermutet, dass Zwangsarbeit es diesen Schiffen ermöglicht, billig in neue Fischgründe einzudringen, da die Küstenfischereirouten erschöpft sind und es dort nichts mehr zu fangen gibt.
Valerie Farabee half Gavin McDonald, Boote zu identifizieren, die wegen Menschenrechtsverletzungen festgehalten wurden. Gavin McDonald analysierte das Verhalten von 23 Schiffen in der Datenbank von Global Fishing Watch und identifizierte 27 verschiedene Arten kriminellen Verhaltens. Beispielsweise verbrachten diese Schiffe mehr Zeit auf See als andere, nutzten stärkere Motoren, mieden Häfen, fischten länger und unternahmen seltener Fahrten. Auch die Zeitspanne ohne AIS-Signal dieser Schiffe entsprach nicht der Norm.
Gavin McDonald nutzte anschließend prädiktive Modellierung, um Muster in den Daten zu erkennen, und maschinelles Lernen, um weitere maritime Kriminelle zu finden. Er stellte bei 26 % der 16.000 Fischereifahrzeuge in der Datenbank von Global Fishing Watch gefährliches Verhalten fest. Auf diesen Schiffen sind zwischen 57.000 und 100.000 Arbeiter beschäftigt, von denen viele möglicherweise Zwangsarbeit leisten.
Satellitenbilder
Paul Allen, ein begeisterter Bootsfahrer und Meeresliebhaber, Milliardär, Philanthrop und Unternehmer, beschäftigt sich seit Jahren mit komplexen maritimen Themen. Sein Programm Vulcan Skylight identifiziert mithilfe von Satellitenbildern „dunkle“ Schiffe, die keine AIS-Signale senden. Diese Bilder zeigen Fischerboote in der Nähe von Meeresschutzgebieten oder Objekte, die Fischerboote betanken.
Das norwegische Unternehmen Trygg Mat Tracking nutzt Satellitenbilder, um Verstöße aufzuspüren, die die Namen und Flaggen ihrer Schiffe ändern.
Die Rolle von Satellitenbildern bei der Identifizierung „schwarzer“ Flotten wurde auch in einer Studie der Gewässer zwischen Südkorea, Japan und Russland von Global Fishing Watch aufgezeigt.
Bilder der Planet-Satelliten Dove und SkySat zeigen, dass zwischen 2017 und 2019 mehr als 1.500 Schiffe im Pazifik illegal mehr als 160.000 Tonnen Tintenfisch im Wert von über 440 Millionen Dollar gefangen haben. Dies hat dazu geführt, dass die Tintenfischbestände in der Region im Vergleich zu 2003 um 80 % zurückgegangen sind.
Global Fishing Watch führt dies auf die verstärkte Satellitenüberwachung und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurück. Ähnliche Aktivitäten werden auch in Russland aktiv durchgeführt. Um die heimische Fischerei besser kontrollieren zu können, plant das russische Unternehmen Sitronics Group, bis 2025 70 mit AIS-Empfängern ausgestattete Satelliten ins All zu schicken.
(laut RBC)
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